Brief von Pausanias an Wasalski vom 16. Juli 2011

Schwarzrheindorf, den 16. Juli 2011

Wasalski, Lehrmeister und Ratgeber!

Mit welchem Plaisir und welcher Delectatio nahm ich Deine Antwort entgegen und machte mir jeden Deiner vorzüglichen Einwürfe zu eigen, doch ach! zu gering sind die Gründe, derentwegen ich säumte, Dir zur rechten Zeit Dank zu übermitteln!

Wohlan, so mache ich nun mich ans Werk, Deiner freudigen Aufforderung Folge zu leisten, die Hauptacteure unseres Augenmerks genauer unter das Brennglas zu nehmen und ihren Schlichen auf die Spur zu kommen.

Wohl kaum werden wir die Vermessenheit besitzen können, unserem geschätzten Herrn Laswell die Aufmerksamkeit vorzuenthalten, die ihm gebühret, indem er fragte: „Wer sagt was in welchem Kanal zu wem mit welchem Effekte?“

Mir will scheinen, dass in den Diskursen unseres Interesses der „zu wem“ alsbald sich wandle zum Laswell’schen „wer“ und dass in diesem Umstande besondere Brisanz sich verberge. Ist der Laswell’sche „Wer“ im classischen Bilde der Journalist, so wirst Du mir darin folgen, dass wir es in unserem Contexte nun mit einem Jedermann zu tun haben, der sich, kaum dass er Zeitung erlanget, sich als Kommunikator gerieret und dieselbe weitertratschet.

Du fragst: Was, Pausanias, glaubst Du ist nun die besondere Brisanz, die dieser Wandlung innewohnet? Ich wage die These: Unser Jedermann sitzt einem Missverständnisse auf, da er glaubet, kaum dass er schnelle Kunde erlangt habe, nun durch das Weitertratschen eben dieser, wenn nicht schnellen Ruhm selbst und wenn nicht pekuniäre Avantagen selbst, so doch eine Verbesserung der Aussicht auf Erlangung selbiger erzielen zu können.

Wie kommet er zu dieser Idee? Ihm scheint die Arbeit des Journalisten mit Hülf der vielfach zur Verfügung stehenden Mittel unserer Zeit wenn nicht gering, so doch machbar, und überschätzet dabei sich selbst, da er glaubt, die Klaviatur jener zur Verfügung stehenden Mittel zu beherrschen und sich selbst aufschwingen zu dürfen zum Journalisten. Und einerseits tat mancher Jedermann dies tatsächlich mit einigem Gelingen und andererseits mögen derer Journalisten zahlreiche sein, welche nicht im Stande waren, dem guten Rufe der publizistischen Tätigkeiten gerecht zu werden. Bestärkt durch diese Verwerfungen fühlet unser Jedermann sich gemacht zum hellen Stern des aufklärerischen Diskurses, und so nicht anerkannt, dann eben verkannt – doch im Auge seiner selbst bleibt er der Gute und Fernhintreffende! Oh, Bescheidenheit, was ist Dir? Haben Deine bösen Schwestern Ruhm und Ehre Dich wieder in den Kerker gesperret und sind ohne Dich ausgegangen?

Dies sind die Gedanken, die mich umtrieben ob Deines Hinweises zu unsern Acteurn. Allein, es bleibt ein Zweifel: Sind es nicht die gleichen Acteure, die ebenso das Strohfeuer entzünden wie den Schwelbrand, wie ich sie in meinem letztmaligen Briefe versuchte darzulegen? So möchte ich nicht ruhen, Dich zu befragen, ob die Faktoren, welche die Auswirkung im Diskurse bestimmen, nicht dem Thema selber innewohnen? Oder, so sie nicht dem einzelnen Thema allein innewohnen, so der Gemengelage der kontemporär auftretenden Themen?

Was wirket ein auf die Psyche des Rezipienten, der sogleich zum Kommunikator sich wandelt? Verzeih, geschätzter Freund, dass ich die Psyche nun völlig ausser Acht gelassen, auf die Du längst Deinen Geist wirst gelenket haben!

Jedoch der Philosophie seien für heute genug der Worte gemacht! Ich muss nun schließen, ehe die Banalitäten des alltäglichen Curriculums über mich hereinbrechen und ich Dich ob dieser Niedrigkeiten mit kleinem Geiste zu belästigen drohe!

Adieu!

 

Brief von Pausanias an Wasalski, 10. Juli 2011

Wasalski: Erste Replique auf Brief von Pausanias vom 10. Juli 2011

Von Maxim Loick

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Ein Kommentar

  1. Guter Artikel. Bestimt keine schlechte Sache, sich damit intensiver zu beschaeftigen. Werde auf jeden Fall die weiteren Posts im Auge behalten.

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