Am 18. Juli habe ich auf Twitter behauptet, jeder von uns habe genau EIN soziales Netzwerk. Darauf hat der geschätzte @alsowirklich einen Blogpost verfasst, in dem er sagt, dass die Aussage irrelevant sei, weil sich die Menschen in verschiedenen Netzwerken unterschiedlich verhalten und unterschiedliches Verhalten der anderen erwarten.
Ich halte die Aussage immer noch für relevant.
Ich glaube, dass es sich lohnt, in diesem Zusammenhang möglichst präzise zu bleiben und die verschiedenen Begriffe nicht zu vermischen. Ich gebe @alsowirklich darin recht, dass die Personen meines Sozialen Netzwerks in unterschiedlichen Räumen unterschiedliche Rollen einnehmen. Bei XING etwa versuche ich, den seriösen Businessman in mir darzustellen, bei Twitter schreie ich dagegen alles raus, was mir gerade so durch den Kopf geht. Bei Facebook nun wieder bin ich selbst nicht so wahnsinnig aktiv, aber wie’s aussieht, sind die meisten dort eher als „Privatleute“ (keine Ahnung, was das eigentlich genau sein soll) unterwegs.
Das ist m. E. zu vergleichen mit den verschiedenen Rollen, die ich einnehme, wenn ich mich in unterschiedlichen physischen Räumen bewege. Im Meetingraum eines Konzerns mit meinem Kunden bin ich eher bemüht, die sogenannt seriösen Aspekte meiner Persönlichkeit in den Vordergrund zu stellen, im Stadion bin der krakeelende BVB-Fan, auf der Couch der käsewürfelessende Conaisseur, der französische Literaturverfilmungen bei arte guckt. Oder der völlig überstresste Familienvater, der teilnahmslos auf den Bildschirm starrt und froh ist, dass die Kinder endlich schlafen. Oder der krakeelende BVB-Fan.
Warum nun diese Wortklauberei? Ich glaube, dass es einen Unterschied macht, ob ich von verschiedenen „Räumen“ spreche oder von verschiedenen „Netzwerken“. So kann ich zum Beispiel mit der wunderbaren @frau_ratte (die nebenbei meine Ehefrau – JETZT IST ES RAUS, JETZT IST ES RAUS!!! – ist) zum einen zusammen auf der Couch sitzen und eine der o. g. Rollen einnehmen, ich kann aber auch mit ihr in einem Meetingraum sitzen und der Seriöse sein.
Ich kann mit dem großartigen @wasalski im Brauhaus sitzen und über Geschäftliches reden oder bei uns auf der Terrasse und über Unsinn wie einen Gelehrtenbriefwechsel sprechen – ich kann mit ihm darüber hinaus auch in einem Projekt zusammenarbeiten, und mich dort wieder ganz anders verhalten.
Ich kann die Personen meines Sozialen Netzwerks in verschiedene Räume mitnehmen und ihnen dort meine anderen Rollen – oder andere Aspekte meiner Persönlichkeit – präsentieren und zugleich ihre anderen Rollen und weiteren Facetten ihrer Persönlichkeit kennenlernen. Das erweitert das Bild, das ich von diesen Personen habe, und das erschließt mir mein Soziales Netzwerk um weitere Aspekte, die genaugenommen schon die ganze Zeit da waren, die ich nur bisher nicht kannte. Es sind aber immer noch die selben (sic!) Personen, die ich in meinem Sozialen Netzwerk habe.
Wenn ich nun weiß, dass zum Beispiel @wasalski sich bei Facebook in einer bestimmten Art und Weise darstellt und bei Twitter in einer zweiten bestimmten Art und Weise und im Stadion wieder in einer dritten bestimmten Art und Weise, dann verknüpfe ich ja automatisch diese drei Rollen miteinander, weil ich ja immer weiß, dass es die selbe Person ist, und es entsteht ein zusammenhängendes Bild der Person @wasalski.
Wenn ich hingegen sage, dass Twitter das eine soziale Netzwerk sei und Google+ das andere, dann lasse ich diese Verknüpfungen, die ich für eine Person gemacht habe, quasi unter den Tisch fallen. Das aber tut ja in Wirklichkeit keiner.
Ebenso gibt es natürlich Personen in meinem Sozialen Netzwerk, die ich immer nur in ein und dem selben Raum treffe, zumindest für einen gewissen Zeitraum. Den Barkeeper Marco aus dem Namenlos kenne ich nur als den Barkeeper, nicht aber als Familienvater, nicht als politisch handelnden Menschen, nicht als keine Ahnung was noch. Genauso gibt es Twitterer, die ich nur auf Twitter kenne und von denen ich ein vergleichsweise eindimensionales Bild habe. Plötzlich aber ist zum Beispiel einer wie @moellus auch bei Google+ und postet da unter seinem echten Namen. Und viel längere Texte als bei Twitter. Ich habe es hier aber nicht mit einer neuen Person zu tun, sondern lerne die selbe Person nur besser kennen.
Ich finde, das alles hätte man meinem Tweet durchaus entnehmen können ;-)
*unterlippenzitternan* du hast mich genannt, du guter, wosde jetzt doch karrierre machst … mit diesem text gehts durchde decke *unterlipenzitternwiederaus*
Ich lach mich kaputt, Du Guter! Auf Dein Axiom gibt’s demnächst auch noch ’ne Antwort, aber das ist so anstrengend, da brauche ich mehr Ruhe ;-)
btw: wenn ich im stadion geh, dann nur zum #wsv