Entemotionalisieren

Meine Frau twitterte unlängst, man solle sich entemotionalisieren. Obwohl sie eigentlich etwas anderes gemeint haben wird, fühlte ich mich auf mein politisches Sendungsbewusstsein gestoßen.

Seit Parteieintritt hat sich da ja einiges getan. Zu einigen Themen habe ich mich informiert und mir eine Meinung gebildet. Eine Meinung, die ich für fertig, zumindest für vorläufig fertig halte, hat ja den Nachteil, dass ich sie nicht nur ständig vertreten, sondern auch ständig und ungefragt andere davon überzeugen möchte. Dazu kommt, dass ich dazu neige, beim kleinsten Widerwort zu hymnischen Elogen anzusetzen und alles, worauf ich so stolz bin, es mir angeeignet zu haben, so schnell und so laut wie möglich heraus zu predigen.

Überhaupt tragen vermeintlich fertige Meinungen den Makel in sich, in Gesprächen den Meinungsinhaber verstärkt in den „Senden!“-Modus zu versetzen, obwohl für einen Dialog, an dem beide Teilnehmer konstruktiv teilhaben, das Verhältnis von „Senden!“ zu „Empfangen“ idealerweise ausgeglichen sein sollte. Die gute alte Tugend des Zuhörens, mit der ich ja zeitlebens so meine Schwierigkeiten hatte, ist nun vollständig ins Hintertreffen geraten. Ich sollte mich entemotionalisieren. Mal sehen, was sich machen lässt.

Von Maxim Loick

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