Jetzt hat Rot-Grün in Niedersachsen tatsächlich einen Sitz mehr im Landtag. Das freut mich erstmal ungemein, auch wenn’s nur haarscharf ist. Puh!
Daraus folgt eine „gestalterische Mehrheit“ für Rot-Grün im Bundesrat, auch das finde ich erstmal positiv. Ich will nur hoffen, dass Grüne und Genossen sich dort, im Bundesrat, nun trotzdem konstruktiv verhalten und nicht wie die Axt im Walde mit „Auswärtssieg“-Rufen alles kurz und klein schlagen. Aber das machen wir nicht. Und die Grünen auch nicht.
Ich finde bemerkenswert, dass dieser Landtag gewonnen wurde, obwohl Peer Steinbrück und der SPD der Wind zuletzt ziemlich heftig ins Gesicht blies. Das könnte ein Zeichen dafür sein, dass wir nun langsam wieder auf dem aufsteigenden Ast sind und die Leute allmählich anfangen zu verstehen, dass Peer Steinbrück zwar keinen Wein aus dem Tetrapack mag, aber für ziemlich starke politische Inhalte steht. Im Gegensatz dazu fliegen Angela Merkel die Herzen zu, aber keiner weiß so recht, warum eigentlich. Vielleicht setzt sich diese Erkenntnis allmählich auch bei anderen als nur bei mir durch. Am besten, sie wird Bundespräsidentin. Da macht sich politisch genau dasselbe wie jetzt (nämlich nichts) und alle können weiterhin sagen: „Ja, die Frau Merkel, die finde ich nicht schlecht“, während Rote und Grüne die Drecksarbeit machen, für die sich Union und FDP ja zu schade sind.
Wahlsieger in Niedersachsen sind natürlich die Grünen. Das finde ich sehr gut. Die Grünen sind in meiner Wahrnehmung im Moment in einer schönen Lage: Sie können ungestört ihre gute Politik machen, während die SPD gerade alle Steinewürfe auf sich zieht. Ich würde mir wünschen, dass die Grünen, nachdem sie sich in Teilen durch die Antisteinbrückhysterie zeitweilig haben anstecken lassen, sich noch einmal vor Augen führen, was die „Verbrechen“ von Peer Steinbrück waren, nämlich nichts als heiße (dafür aber wirklich ziemlich heiß gemachte) Luft, und dass sie aufhören, diese unsere gemeinsame Machtoption mit zu demontieren. Es ist natürlich nicht Aufgabe der Grünen, für unseren Kandidaten Wahlkampf zu machen, aber unreflektiert in das „Sieeee war’s! Siieee war’s! … öhm… Ör war’s, ör war’s“ mit einzustimmen fand ich etwas mechanisch. Anyway, wenn mir in meiner Mittelmäßigkeit auffällt, dass Peer Steinbrück besser ist als sein derzeitiger Ruf, dann sind die Chancen, dass eine Mehrheit das auch in Kürze so sehen wird, sehr gut.
Und die Piraten? Unter 2% geblieben, wir werden also noch Jahre auf den fahrscheinlosen ÖPNV warten müssen. Das ist bitter. Ich weiß kaum noch, wie’s in Europa jetzt noch weitergehen soll. Wenn die USA davon erfahren, werden sie sich natürlich China als nächsten natürlich Verbündeten suchen müssen, denn eine EU ohne… ach!
Eine ganz andere interessante Statistik, die gestern durch die TL flatterte (die ich aber nicht geprüft habe): Bei den Erstwählern soll die SPD stärkste Kraft gewesen sein, stimmt das? Das war für mich ein Signal, das mein Herz vom Innersten her erwärmt hat. Das ist ein zartes Pflänzchen der Hoffnung, dass die SPD endlich auch wieder die jungen Wähler erreicht. An sich müsste die SPD aus ihrem Potenzial, das sie im Hinblick auf junge Menschen hat, viel mehr machen: Wir haben tolle Prinzipien (nachzulesen im Hamburger Programm), wir machen zukunftsorientierte Politik, wir sind die, die integrieren statt auszugrenzen. Ich finde, wir sollten nicht nur viel mehr junge Wähler gewinnen, wir sollten auch viel mehr und viel größere Anstrengungen unternehmen, viele viele*) junge Leute in die Partei zu holen.
So. Und jetzt Erwerbstätigkeit.
*) Stilistische Anmerkung meines inneren Deutschlehrers: Also viele jetzt. Ganz viele. Am besten alle. Wenn nicht alle, dann wenigstens viele viele.