Ich habe gerade die Blogposts von @dasnuf (guckstu hier) und von @holadiho (guckstu hier) gelesen, die sich beide damit beschäftigen, wie Hater/Trolle/ShicePack/youNameIt sich das Internet und die Sozialen Medien aneignen.
Nun beschäftigt mich so ganz nebenbei und unstruktiert das Thema Freundlichkeit schon länger (also meist unter der Dusche oder abends kurz vor dem Einschlafen oder morgens um 4:02, wenn ich versehentlich zu früh aufgewacht bin – ich bin also alles andere als belesen oder beschlagen bei dem Thema).
Das Wesen der Freundlichkeit ist unübergriffig, scheint mir, also von einer gewissen Empathie getrieben und sie wird denen, die in Ruhe gelassen werden wollen, nicht aufgezwungen. Im Gegensatz dazu ist Stalkerei völlig übergriffig, die Übergriffigkeit ist ja gerade der wichtigste Wesenzug des Hatens. Vielleicht liegt darin mit begründet, warum sich, um auf @holadihos Frage einzugehen, Gehate und Stalking massiver im Netz ausbreiten als Freundlichkeit.
Dazu kommt noch, dass Freundlichkeit oft als „der ist doch ein bisschen bekloppt“ wahrgenommen wird. Wer freundlich ist, dem wird oft unterstellt, er/sie blende negative Aspekte aus – oder schlimmer, sehe diese gar nicht erst. Wer „die unangenehmen Fragen“ stellt gilt als der/die Schlaue, wer das Haar in der Suppe findet, ist der rastlose Geist, der kraft seiner schier unendlichen intellektuellen Fähigkeiten den Sozialromantiker*innen und Blümchenverdufter*innen den verträumten Eierkopf gerade rückt.
Oder, wer freundlich ist, kann diese Freundlichkeit ja unmöglich ernst meinen. Es wird also ein Arg hinter der Freundlichkeit gewittert. Ich bin, wenn ich freundlich bin, also entweder bescheuert oder falsch.
Dabei ist Freundlichkeit meines Erachtens etwas sehr kraftvolles. Ich habe ja neulich schon mal über den freundlichen Bonner Busfahrer geschrieben, der mich mit seiner Art zu einem gutgelaunten Kollegen für meine Kolleg*innen auf der Arbeit gemacht hat. In dieser kleinen Geschichte musste ich selbst ja auch erst einzwei Stadien durchlaufen, ehe ich die Freundlichkeit als echt und als stärkendes Moment annehmen konnte. Und ich glaube, dass freundlich sein im Vergleich zum destruktiv sein sehr viel mehr Energie erfordert, ohne dass man sich darauf verlassen kann, dass der gewünschte Effekt auch tatsächlich eintritt. Nur weil ich freundlich bin, heißt das noch lange nicht, dass mein Gegenüber sich dadurch besser fühlt oder gar freundlich zurück ist. Im Sinne dessen, was ich mal in der Hundeschule gelernt habe – irgendsowas mit positiver Bestärkung – finde ich, dass wir vielleicht im Netz damit anfangen sollten, Freundlichkeit mehr zu honorieren.
Und manchmal habe ich den Eindruck, dass ich mich selbst viel zu fröhlich darstelle. Bei der SPD Beuel – immer alles super, D64 – die reine Weltrettungsmaschine, meine Familie und meine Kinder – wie aus dem Schmonzettenroman kurz vor dem Autounfall. Ist das blöd? Soll ich mehr davon berichten, wie die Kinder… äh… (mir fällt nichts ein, was ich „kritisch“ von den Kindern berichten könnte) – also wie die SPD Beuel ein mieses Kommunalwahlergebnis eingefahren hat? Oder wie D64 für mich erst seit der Superklausurtagung 2013 Fahrt aufgenommen hat und zu wenig Frauen unter den Mitgliedern hat? Oder soll ich berichten, wie wir versuchen, bei der SPD Beuel unser Profil zu schärfen und unsere Mitglieder besser einzubinden? Wie wir versuchen, D64 für Frauen interessanter zu machen?
Wie aber – und das ist ja nun die konkrete Frage von @dasnuf – begegnen wir Trollen/Hatern/destruktivenArschkrampen? Ein reines Ignorieren ist schwer bis unmöglich. Auf der diesjährigen FrOSCon habe ich einen Vortrag von Kristian Köhntopp gehört, der sich mit Flamewars aus Zeiten des Usenet beschäftigt hat. Er hat berichtet, dass Hater es umso schwerer hatten, je etablierter die „Marke“ bzw. der Name der/des Angegangenen war – es ist ungleich schwieriger, Sascha Lobo online ans Bein zu pinkeln als zum Beispiel mir. Vielleicht lässt sich daraus ableiten, dass wir – die sog. Unbeteiligten – dafür sorgen müssen, dass Angegangene ein stärkeres Standing haben. Das wäre ein klassisches „Schau hin! Greif ein!“. Aber das ist nicht so einfach, denn Hater schaffen es ja gerade, den/die Angegangene im Netz zu diskreditieren und somit uns sog. „Unbeteiligten“ das Bild der/des Angegangenen zu verfälschen und kaputt zu machen, so dass wir Schwierigkeiten haben, Gut und Böse zu unterscheiden. Erschwerend kommt hinzu, dass es Gut und Böse in Reinform nur in Amerika und in schlechter Literatur gibt.
Und da fällt mir noch was ein: In der TL beobachte ich immer wieder Szenen, in denen sich Leute gegenseitig zu stärken versuchen, wenn es mal jemandem schlecht geht. Ich glaube, dass das Netz und die Menschen darin heimlich ziemlich gut sind, aber eben – wegen des nichtübergriffigen Wesens der Freundlichkeit – nicht so stark wahrgenommen werden wie die krakeelenden Blackheads.
Das ist hier alles noch so wahnsinnig unvollständig, aber vielleicht sind ja ein paar Aspekte für Euch dabei, um das Thema weiter zu vertiefen, Ihr, die Ihr das freundliche Internet seid!