Diese Shice-Politik. Diese Shice-Politik. Fängste einmal damit an und genehmigst dir einmal die Schwäche, es ernst damit zu meinen. Zieht sie dich gleich rein, so ganz.
Also in dem Maße, dass ich wegen Politik plötzlich dünnhäutig bin und die Kinder anmotze, nur weil sie gerade nicht das machen, was ich will. Weil die SPD-Fraktion heute mehrheitlich gegen einen Antrag der Grünen gestimmt hat, der die volle Anerkennung nicht-heterosexueller Lebensgemeinschaften bedeutet hätte. Die TL geht steil, „Wer hat uns verraten!“ allenthalben. Und ich finde immer noch, dass doch eigentlich die Union dafür verantworltich zu machen ist. Ich kann völlig den Rage nachvollziehen, den @phraselnd mir gegenüber geäußert hat:
https://twitter.com/phraselnd/status/469886021149409281
https://twitter.com/phraselnd/status/469886206676058112
Denn natürlich gibt es nicht den Hauch eines Grundes, Nicht-Heterosexuellen nicht exakt dieselben (nicht nur die gleichen, sondern dieselben, für die Sprach-Hoschis unter Euch) Rechte zu gewähren wie Heterosexuellen. Und es ist umso schmerzlicher, weil ich davon überzeugt bin, dass ein Großteil der Sozis, die da im Bundestag sitzen, ganz genau diese Meinung teilen. Dennoch haben u. a. @UlrichKelber und @EvaHoegl, die ich beide sehr schätze, anders abgestimmt. Eva hat das zu erklären versucht. Elke Ferner auch. Und ich kann ihre Gründe nachvollziehen. Ich glaube, dass ein Abweichen der SPD-Fraktion vom „im Koalitionsvertrag festgeschriebenen einheitlichen Abstimmverhalten der Koalition“ in eine schwere Regierungskrise münden würde – was im einfachsten Fall einen Bruch der Koalition und damit wahrscheinlich Neuwahlen bedeuten würde – mit einer erneuten massiven Mehrheit der konservativen Kräfte. Dann bekämen wir gar nichts mehr von unseren schönen sozialdemokratischen Zielen.
Andererseits: Warum nicht mal eine Koalitionskrise wagen? Aber macht man sich damit nicht auf unabsehbare Zeit zu einem unberechenbaren Vertragspartner? Wer würde danach noch einen Pfifferling auf das Wort eine*r Sozialdemokrat*in geben? Ach, abfuck! Und so sehr ich den Ärger und die Enttäuschung der unmittelbar Betroffenen nachvollziehen kann und teile, finde ich dennoch: Eure Gegner sind nicht die Sozis, Euer Gegner ist die Union und die Denke derer, die eben dieser Union 42% der Stimmen bei Bundestagswahlen bescheren.
Mein Dilemma ist folgendes: Ich möchte niemanden dafür kritisieren, dass sie/er sich über das Abstimmungsverhalten der SPD Bundestagsfraktion aufregt, denn eine unmittelbare Betroffenheit dieser Entscheidung wiegt schwer. Ich möchte, dass sich die Lebenssituation der Betroffenen so schnell wie möglich verbessert. Ich befürchte, dass wir dazu einen Umweg gehen müssen, indem wir diejenigen zur Verantwortung ziehen, die mit ihren 42% ein „einheitliches Abstimmverhalten der Koalition“ diktieren können. Ich bin davon überzeugt, dass nahezu alle der 149 SPD-Abgeordneten aus diesem Zwang heraus gegen ihre Überzeugung gestimmt haben. Das ist vielleicht schwach und verurteilenswert, aber dennoch: Der homophobe Geist wird durch die Union in diese Koalition getragen und ich finde, man sollte besser diese Union bekämpfen und schmähen als jene, die es mit 25,7% nicht geschafft haben, alle angestrebten Ziele durchzusetzen.
Als ich am 6. Dezember 2013 im SPD Mitgliederentscheid für die Große Koalition gestimmt habe, wusste ich bereits, dass ich sehr häufig mies gelaunt sein würde, wenn wir™ (also die Sozis) die pickligen Kröten der Union schlucken müssen. Heute ist so ein Tag. Da macht Politik so gar keinen Spaß. Und mein verzweifeltes Flehen nach Verständnis wird sicher von vielen als billige Ausflucht zur Verschleierung eines egoistischen Strebens nach Macht zurückgewiesen werden. So be it. Diese Shice-Politik, die frisst einen auf und ich habe heute meine Kinder angemotzt, nur weil ich mies drauf bin.
Wieso haben es zumindest 18 Abgeordnete geschafft, sich zu enthalten, während die im Artikel genannten Politiker anscheinend gegen ihre Überzeugung abgestimmt haben? Irgendwie ergibt sich daraus eine Diskrepanz, die sich mir nicht erschließen will.
Was mich darüber hinaus irritiert: die Erklärungsversuche, warum man sich gegen die Gleichstellung stellt, erinnern fatal an die Erläuterungen der FDP. Die haben den Schwarzen Peter auch immer in Richtung CDU geschoben. Da macht die SPD keine gute Figur…