In Rhade stiegen der Kleine Sohn und ich nach einen langen Tag ins Auto, ab zurück nach Bonn. Es regnete ziemlich stark, aber es hatte immer noch 29ºC, Monsun oder sowas. Auf der Avia am Rhader Kreisverkehr an der Auffahrt zur A31 habe ich noch getankt und dem Kleinen Sohn eine Flasche Wasser gekauft. „Es regnet aber stark“, sagte er, „wenn wir zu Hause sind, will ich den Regenbogen sehen.“ Ich legte Yakari ein (über das ich mich immer wieder aufregen muss, aber der Kleine Sohn liebt es so). Durch den starken Regen konnte ich nur 80 fahren, „Lauter!“ rief es von hinten, denn der Regen trommelte derart, dass Yakari nicht gut zu hören war.
In Oberhausen war der Kleine Sohn eingeschlafen und ich stellte den Mist ab, als Yakari gerade erzählte, dass er Regenbogen, also seine kleine Freundin, aus einem Fluss „auf die andere Seite des Ufers“ zog – was für ein Unsinn, entweder ich ziehe jemanden ans Ufer oder auf die andere Seite des Flusses – oder meint der vielleicht von der nassen Seite des Ufers auf die trockene Seite des Ufer, was dann aber immer noch einfach nur „ans Ufer“ heißen müsste, egal, Radio an, Deutschland Radio Kultur.
Irgendwelche klassische Musik, fidelfidel, also nein, also dann doch WDR 2, wo ich mich wahrscheinlich wieder aufregen muss, weil gleich Toto oder „Shadow on the wall“ gespielt wird, egal… es lief Canned Heat, „Going up the country“ und ich war erfreut. Hippie-Musik, wie schön! Die Sendung hieß „Jukebox“ und spielte eine Art Charts oller Kamellen ab, zwischendurch auch „The Doors“ und anderer, alter, aber eigentlich ganz okayer Shit. Hinter Breitscheid (seit ich 2004 einmal den blöden Witz gemacht habe und „Breiiitscheeeeiiiid, burning like fire“ in der Meldodie von Art Garfunkels „Bright eyes“ gesungen habe, habe ich dort immer etwas Angst, dass es in Flammen stehen könnte nach einem Tankwagenunfall oder so, und ich habe doch mein Kind hinten drin, das schläft!) – also hinter Breitscheid auf einmal Led Zeppelin, „Going to California“ und der Regen hört auf. Ein blutroter Himmel, im Sonnenuntergang begriffen mit dramatischen Wolken, blutrot, klare Sicht vor mir, ein Licht wie nach dem Weltuntergang oder so, 28ºC, und die fabelhafte Gitarre von Jimmy Page. Ich war ergriffen. So wie die ganzen anderen arrivierten Typen, die da mit mir auf der A3 unterwegs waren, schätze ich. Saßen wohl in ihren Mercedessen, BMWs und Audis vonne Firma und waren sicher genau so ergriffen wie ich, ich glaube, ich habe „Going to California“ gerade das erste Mal begr… da fährt so ein Skoda Fabia rechts an mir vorbei. Die Baureihe von 1999. Ich denk noch „Hmm?“, hat der einen Aufkleber drauf „Musik ist scheiße“. Ich stutze. Ich denke: „Wow! Das nenne ich Rebellion! Musik ist scheiße, das ist ja sowas von Rebellion!“ Und WDR 2 spielt als nächstes eine ganze Reihe weiterer Heuler aus der alten Zeit (ELO und keine Ahnung was noch, so alt bin ich nun auch wieder nicht) und ich finde: Richtig! Musik scheiße zu finden ist Rebellion!
Als ich Köln passiere, steht vor den blutroten Wolken allen Ernstes ein Regenbogen direkt über der Bundeshauptstadt der Homosexuellen, es sind 28ºC, ich freue mich und die WDR 2 Jukebox kommt gerade an bei BAP, „Do kanns zaubere“. Ein grauenhaftes Stück, finde ich, aber diese Zufälle und der Regenbogen machen mir gute Laune. „Du wolltest ja den Regenbogen sehen, kleiner Sohn, aber jetzt schläfst Du“, denke ich, „ich lasse Dich schlafen.“
Direkt hinter Köln dann „Platz ZWEI: Steve Harley and Cockney Rebel, Sebastian“, unter blutrotem Himmel mit Regenbogen, im Rückspiegel die orangene Sonne unter der schwarzen Wolkendecke hindurch. Schlimmster Schmalz, schlimmster Kytsch, und ich male mir aus, wie ich das in meinem nächsten Blogbeitrag zerreissen und hämisch in fingerkleine Schnipsel zerfetzen werde, diese Situation, diesen Song, diese Lichtkonstellation, diese billige Metaphorik, diesen schlimmen Song! Und der Moderator redet was von „ab morgen dann die Sommer-Jukebox mit Sommerhits, es sollen auch die Beach Boys drin vorkommen“ oder so und ich denke: „Mann mann mann, WDR 2, MANN MANN MANN!“ Es sind 28ºC.
Und die billige Metaphorik wird vollendet. „Nun die Nummer eins, von Null auf eins, ein Song, der es insgesamt zwei mal in die Charts geschafft hat, einmal im Original und 1981 noch einmal in der Live-Version, die wir heute zum Besten geben. Hier sind die Kinks mit Lola.“ Und ich denke: „Shit. Rebellion. Lola live. Wie geil.“ Und komme mit dem schlafenden Sohn im blutroten Licht bei 26ºC an, als der Song vorbei ist und trage das schlafende Kind in sein Bett. Diese Metaphorik!