Professionelles Arbeiten

Heute kommentiert Roland Nelles bei Spiegel Online den Politikbetrieb. Das ist prinzipiell richtig und gut, denn das ist ja die Aufgabe des Journalismus. Die Taten der Mächtigen im Auge behalten, kommentieren, Missstände aufdecken, anprangern und wenn nötig Minister*innen oder sonst wen zu Fall bringen. Also im Idealfall.

Dieser Kommentar jedoch ist shice. Herr Nelles gießt eine pegida-artige Pauschalverdrossenheitssoße über die Regierung im speziellen und im Unterton über die Politik im allgemeinen aus, die keine belastbaren Hinweise auf schlechte Arbeit, Arbeitsverweigerung oder sonstwie kommentierenswertes hervorbringt. Es werden Vorurteile im Tenor von „die faulen da oben“ und „inkompetenz regiert uns“ beschworen, ohne einen einzigen Beleg für die Rechtmäßigkeit des Gemaules beizubringen.

Rückblende: Vor gut einer Woche waren Wahlen in Hamburg. Wieder ist die Wahlbeteiligung zurückgegangen. Wieder haben die Medien diesen Umstand beweint, auch Spiegel Online schrieb „Es ist Wahl in Hamburg – und immer weniger gehen hin“. Auf den Straßen stehen „besorgte“ Bürger*innen, die kein Vertrauen in die Politik mehr haben.Wenn ich mir diesen Kommentar heute von Herrn Nelles so ansehe, liegt das aber weniger an der miesen Arbeit der Politik als vielmehr an miesen Texten wie diesem.

Was Herr Nelles der Politik unterstellt, nämlich eine ruhige Kugel zu schieben und alibimäßig ein bisschen vor sich hin zu werkeln, scheint ihm aus allerunmittelbarster eigener Erfahrung wohlvertraut zu sein.

Natürlich kann man als Journalist*in nicht jeden Tag „Bedingt abwehrbereit“ aus der Feder zaubern. Genauso kann auch ein*e Minister*in nicht jeden Tag den Mindestlohn oder die Frauenquote durchsetzen. Aber wenn Außenminister und Kanzlerin ausnahmsweise mal einen guten Job machen, es den anderen anzukreiden, dass sie nicht shiny shiny genug mit Landwirtschaftsthemen da stehen, das hat ja nicht mal Schülerzeitungsniveau. Man hätte ja vielleicht auch mal darauf hinweisen können, dass ein Ministeramt eben gerade nicht zu 90% aus Heldentaten besteht, sondern zu 95% als Fisselsarbeit, für die Herr Nelles sich anscheinend zu fein ist. Ich will keine Helden (außer im Kino), ich will, dass wir uns so organisieren, dass wir keine Helden mit übermenschlichen Fähigkeiten brauchen – denn außer im Kino gibt es nämlich keine Menschen mit übermenschlichen Fähigkeiten.

Mann, ist das ärgerlich!

 

Von Maxim Loick

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