Wir reden ja die ganze Zeit von Verkehrssituationen, also meistens irgendwas wie „Autofreie Stadt“ und „Fahrradstraßen“ und sowas. Der Bonner Verkehrsdezernent Helmut Wiesner sieht meine liebste kleine Großstadt am Rhein auch – völlig zu recht! – weit davon entfernt, das selbstgesetzte Ziel „Fahrradhauptstadt 2020“ zu erreichen, darüber könne er sich nur kaputt lachen, berichtet der Bonner Generalanzeiger. Und ich selbst habe ja vorige Tage mal darüber schwadroniert, wie gile ich eine Fußgängerzone vom Bertha-von-Suttner-Platz über die Kennedybrücke bis zum Konrad-Adenauer-Platz fänd. Dabei ist mir jetzt noch ein Faktor eingefallen, den ich schon die ganze Zeit mal hinschreiben wollte:
Autos schaffen Auto-Atmosphäre – Fußgänger*innen schaffen Fußgänger*innen-Atmosphäre.
Damit meine ich: Wo das Auto die Atmo vorgibt, da fühlt man sich auch nur noch in einem Auto sicher. Und weil man sich auch in einem Auto manchmal nur noch zu 75% sicher fühlt, braucht man dann plötzlich in der Innenstadt ein SUV, damit man höher sitzt und sich damit dann zu 98% sicher fühlt (die restlichen 2% Unsicherheit bleiben, weil man mit der Shicekarre ja irgendwann parken muss und man nach hinten raus meist nicht sooo gut sehen kann, aber das ist ein anderes Thema).
Könnt Ihr Euch vorstellen, in Köln die Nord-Süd-Fahrt mit was anderem als dem Auto zu benutzen? Und warum nicht?
Eines der größten Mankos rheinischer Großstädte sind ja die 40 bis 85 cm breiten Bürgersteige, der Rest ist den Autos vorbehalten. Es ist emeffing eng in Köln und Bonn. Aber einmal im Jahr, nämlich an Rosenmontag, bevor der Zoch kütt, kann man in Köln den ganzen beschissenen Platz, der den Rest des Jahres für Autos reserviert wird, zu Fuß begehen – und dieses Erlebnis fand ich in den ersten sechs Jahren sehr befreiend. Seit zwei Jahren empfinde ich es mehr und mehr als eine Unverschämtheit, dass wir uns, wenn der Zoch durch ist, wieder auf unsere 60 bis 85 cm trollen müssen.
Wenn ich mir überlege, was der Quadratmeter Miete in Köln*)- oder Bonn**)-Innenstadt kostet und wieviel Quadratmeter ein Auto so im Schnitt***) belegt, frage ich mich, ob der Platz, der für Autos reserviert wird, nicht besser für Menschen freigehalten werden sollte. Oder anders gerechnet: Für mein Auto werden in Innenstädten rund 4,5 qm Parkfläche in Form von Parkhäusern oder Stellplätzen freigehalten – auf den Monat gerechnet sind das sagen wir 40€/qm mal 4,5qm gleich 180 Euro, die allein das Parken eigentlich kosten müsste – egal, ob ich da hinfahre oder nicht, denn der Parkraum wird ja vorgehalten. Nicht eingerechnet der unermessliche Platz, der für die Wege zu meinem Parkplatz reserviert wird in Form von dreispurigen Straßen.
Es ist eigentlich ziemlich eindeutig, Autos in der Stadt sind der letzte Rotz – und wir brauchen uns nicht über Mietpreisbremsen und keine Ahnung watt zu unterhalten, wenn Autos in Innenstädten weiterhin so bevorzugt werden. Die fressen unhinterfragt den ganzen kostbaren Platz auf. Und gefährden uns und unsere Kinder, nicht allein durch Abgase, sondern durch ihr Fahren.
Ich finde, wir sollten die Atmo in den Städten, zumindest in Köln und Bonn, total verändern.
Auf dem Land, ganz nebenbei gesagt, hat das Auto übrigens eine völlig andere Rolle! Aber das ist hier nicht das Thema.
*) Köln-Nippes, 2-Zimmer Kaltmiete pro qm 41 €
**) Bonn Innenstadt, 2-3 Zimmer Kaltmiete pro qm 41 -45 €
***) Unser Skoda belegt mit ca. 1,70 x 1,46 m Grundfläche also rund 2,5 qm