25 Jahre Abi ’94

Gerade hat mich die Einladung zum 25. Jubiläum meines Abiturjahrgangs erreicht und ich fühle mich irgendwie an „Grenzgang“ von Stephan Thome erinnert. Was hat mich, was hat die anderen über die letzten 25 Jahre angetrieben, was haben wir gemacht, was haben wir nicht erreicht, was bleibt, wenn wir das nicht erreichte abziehen? Sind wir noch im Competition-Mode „mein Haus, mein Auto, mein Boot“ oder sind wir inzwischen abgeklärter? Wissen wir inzwischen, dass solche vermeintlichen Indikatoren keine Aussage haben? Sind wir glücklich geworden seit 1994? Oder zumindest glücklicher, als wir es damals waren? Oder konnten wir das Glück, unser Glück, das wir damals kaum fassen konnten, irgendwie halten? Wo haben wir uns selbst verraten? Wo sind wir uns selbst treu geblieben? Warum haben unsere Haare die Farbe, die sie heute haben? Finden wir die gut? Haben wir überhaupt noch Haare (außer jetzt die um den Bauchnabel herum)?

Wir hatten diese Abi-Treffen seit 1994 alle fünf Jahre, wenn ich mich recht erinnere. Ich erinnere mich, dass es mich sehr getroffen hat, dass beim 5-jährigen Jubiläum mein Bio-Lehrer überhaupt keine Erinnerung mehr an mich hatte. „Loick? Nie gehört.“ Ein seltsame Erfahrung, weil ich normalerweise gewohnt war, dass diese, meine!, riesige Loick-Mischpoke eigentlich immer und überall einen bleibenden Eindruck hinterlassen hat. Watch your privileges.

Eine andere Aussage, ich glaube beim 15jährigen oder so: „DU?! Du hast Kinder?! ZWEI?!!“ Ich scheine während meiner Schulzeit recht asexuell gewirkt zu haben.

Eine dritte Aussage, ich glaube vor 5 Jahren beim 20jährigen: „Ich habe eigentlich alles, was ich mir damals erträumt habe, einen Mann, Kinder, ein Haus. Und jetzt haben wir das Haus gerade wieder verkauft. Es war nicht das richtige. Also es war schon das richtige Haus, aber Haus war nicht das, was wir brauchten.“ Das fand ich sau cool.

Beim 20jährigen lief auch diese steinalte Musik. Pearl Jam, Nirvana, Chili Peppers und so. Und ich hab da gespürt, dass mir das nichts gibt, diese vergeblichen Versuche, das Gefühl von 1994 wieder herzustellen. Das klappt nicht. Wir kriegen auch das Sommermärchen von 2006 nicht noch mal hin. Wir haben uns verändert und das ist gut so. Wir müssen neue „das Gefühl vons“ entwickeln, das Gefühl von 2019 zum Beispiel. Sowas mit: Du siehst genau richtig aus, Pläte! Bauch, wie ok Du bist! Dreimal geschieden? Drei Kotztypen! Vielleicht. Zumindest ein bisschen, denke ich. Oder Fehler gemacht, klopf klopf auf die Schulter: Sei heute nicht traurig oder beschämt, wir haben zusammen den Gockel als Abilied gehört, Du siehst, es war schon mal schlimmer. Du siehst, es verändert sich. Gefühl von 2019: Wir wissen es nicht, und wir kommen vielleicht nicht klar. Oder wir kommen klar. Oder nur teilweise. Ach, sagen wir, an diesem Abend spannen wir 25-Jahresbögen. Davon gibt es im Leben insgesamt nur fünf (mit Glück :)). Unsere Ambitionen verringern sich nicht, wir drängeln sie nur nicht mehr so laut in den Vordergrund, weil es auf der A44 weniger Stau hat als auf der A46. Fahren wir drumrum.

 

Von Maxim Loick

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