Wenn andere mich als „Unternehmer“ bezeichnen, fühlt sich das für mich immer komisch an, denn ich fühle mich gar nicht so. Dann fällt mir wieder ein, dass ich drei Unternehmen mitgegründet habe, die alle drei bis heute den Zweck erfüllen, zu dem wir sie gegründet haben. Aber ich wollte nie zu diesen Flatterhemden gehören, die sich gemeinhin Unternehmer (nicht gegendert) nennen.
Wenn andere mich als „Blogger“ bezeichnen, fühlt sich das so ähnlich komisch an. Gerade habe ich geguckt, nächsten Frühling wird das Blog unter loick.de zehn Jahre alt und ich habe some 300-400 Beiträge geschrieben, die ich glaube ich bis heute alle ganz ok finde. Aber ich habe nie den Anspruch erheben können, irgendwie eine wichtige Stimme zu sein, deren Wirkung über die des Pressrats in der BILD-Redaktion hinausgeht. Manchmal haben Einzelne mal einen Spruch ganz witzig gefunden und ich war dann erleuchtet ob dieser Wirkung.
So what are you doing here, Loick? Warum gründest Du Unternehmen, wenn Du keine Unternehmerin sein willst? Warum bloggst Du, wenn Du keine Bloggerin sein willst? Warum hast Du Schlagzeug gespielt, wenn Du Dich nie als Musikerin gefühlt hast? Warum bist Du im Slimfit-Hemd im Konzern herumgelaufen, obwohl Du nie vorhattest, ein Arsch zu werden?
Ich glaube, ich wollte nur mal gucken. Mal ausprobieren.
Aber das mit der SPD, das hat ziemlich lange gedauert. Ich meine, mich zu erinnern, dass ich die ersten Überlegungen dazu gemacht hab, als ich noch mit @botnautzki in einer WG gewohnt habe (und das ist so lange her, da haben wir noch Rudi Carrell beschworen, dass wir mal trockene Sommer bekommen mögen). Und wie ich dann hier sehe, hat’s noch bis 2011 gedauert, bis ich mich für die Sozis und nicht für die Grünen entschieden habe. Also dieses „Sozi“-Dingen, das fühlt sich für mich viel bewusster entschieden an als das „Unternehmerin“- oder „Bloggerin“-Dingen.
Und just dieser Tage mache ich im Internet Wahlkampf für @katjadoerner von den Grünen und es fühlt sich gut, richtig und frei an – insbesondere weil unsere große Zukunftshoffnung Franziska Giffey gerade wieder mediokren Shice gesagt hat. Und dennoch, 2011 hab ich geschrieben:
Vielleicht gehen wir langsamer in die saubere, goldene Zukunft, aber wir gehen alle.
Das gilt. Und das ist Fluch und Segen zugleich, denn irgendwie ist jenes Geleiere, nicht nur von Franziska Giffey, sondern von allen anderen leading Sozis, wohl genau diesem Anspruch geschuldet: Wir machen das so, dass alle mitkommen. Andererseits resultiert daraus eine Lahmarschigkeit, die nichtmal mein lahmarschiges Westfalengemüt noch aushalten kann. Aber wie langsam ist denn die Gesellschaft? Und wer bestimmt das Tempo, also das Tempo, bei dem alle noch mitkommen? Was ist schon Zeit gegen den Atem der Welt (stammt glaube ich aus „Der Tiger von Eschnapur“)? Ist das auch der Grund, warum Sigmar Gabriel mit Rechten reden wollte? War das der ebenso unbeholfene wie untaugliche Versuch, die mitnehmen zu wollen, die die Welt nicht mehr verstehen, weil diese sich – ACH DU SCHRECK!- seit dem Wimbledon Sieg von Boris Becker weitergedreht hat?
Als ich Unternehmen gegründet habe, da hab ich das eben so gemacht, wie ich dachte, dass ich das tun sollte. Und als ich am bloggen fing, da hab ich das auch so gemacht, wie ich dachte, dass ich das tun sollte. Und jetzt bin ich in der SPD, seit fast 10 Jahren, und mach das auch so, wie ich denke, dass ich das tun sollte. Und allen diesen Engagements ist gemeinsam: Ich finde, dass ich das irgendwie richtig machen muss. Keines meiner Unternehmen ist ein disruptiver Weltkonzern geworden. Mein Blog lesen @Wasalski und @frau_ratte (mit mir sind wir also zu dritt!). Seit ich Mitglied der SPD bin, geht’s nur bergab mit dem Laden. Aber ich kann doch deswegen jetzt kein Arsch werden. Erfolg ist doch kein Indikator für „richtig“ (jaja, is joot: „Ein Geisterfahrer? Hunderte, hunderte!“). Ich kann doch nicht wegen Erfolglosigkeit aufhören. Ich muss doch irgendwie zusehen, dass ich irgendwoher Kräfte sammle und die Shice dann abwende. Als Unternehmerin habe ich mit @frau_ratte herausgefunden: Nicht sterben und nicht aufhören, daraus folgt folgerichtig ergo: Erfolg. Also Erfolg in Sinne von: Klappt. Irgendwann.
Ich lese Dein Blog auch!
Herzliche Grüße von Leserin Nr. 4
:-)
Und ich auch!