Wie ich gerade aus der Zeitung erfahre, hat Edward Snowden einen Asylantrag auch in Deutschland gestellt. Ich glaub, es wäre ein starkes Signal, wenn diesem Antrag durch die Bundesregierung stattgegeben würde.
Mir kommt es so vor, als wären die Reaktionen auf die zuletzt herausgekommenen Abhör- und Schnüffelskandale in Deutschland, wenn auch immer noch zu verhalten, so doch lauter vernehmbar als zum Beispiel in Großbritannien und in den USA. Warum regen sich die Leute dort nicht so darüber auf? Musste nicht Richard Nixon damals wegen der Watergate-Affäre – also einem Abhörskandal – zurücktreten? Liegt es daran, dass die Überwachungstätigkeiten der NSA angeblich nicht gegen US-Bürger gerichtet sind? Sind die Amerikaner für diese Machenschaften nicht (mehr) sensibilisiert?
Und wie ist das denn hier in Deutschland? Sollten wir uns nicht noch viel mehr darüber empören? Sind wir nicht durch Erfahrungen mit dem Nazi-Regime und Stasibespitzelungen besonders sensibel für ein derartiges Unterwandern des Rechtsstaats? Und wäre nicht gerade vor diesem Hintergrund das Signal, Edward Snowden in Deutschland Asyl zu gewähren, ein besonders starkes? Wäre das nicht ein besonders lauter Ruf „Haltet ein, Freunde!“ in Richtung USA, wenn er aus Deutschland käme, dem Land, das einer der wichtigsten Verbündeten der USA ist, dem Land das zweimal den Überwachungsstaat überwunden hat? Dem Land, das den zweiten Überwachungsstaat durch nichts weniger als freie Meinungsäußerung und demokratischen Einsatz ohne freedlich überwunden hat?
Nun ja. Ich persönlich glaube ja nicht, dass Frau Merkel sich das traut. Vielleicht hätten Schröder und Fischer sich getraut, aber das ist Spekulation. Ob Peer Steinbrück sich trauen würde? Warum ist eigentlich Martin Schulz nicht unser Bundeskanzler, dem würde ich es zutrauen.
Tja, ob es einen trifftigen – und rechtlich gültigen – Grund für die Gewährleistung des Asyls gibt? Nicht wirklich. Damit wäre eine Zusage in der Tat ein klares Zeichen, denn einen humanitären Grund dafür scheint es dafür nicht zu geben. Es sei denn, man unterstellt den USA, dass sie ihm schlicht nach dem Leben trachten. Nach den Erfahrungen der letzten Jahre – leider – etwas, was gar nicht mehr so absurd scheint? So haben die USA in ihrem Krieg gegen den Terror weltweit Grenzen überschritten, sowohl sprichwörtlich und real. Selbst mit einem friedensnobelpreisbekränzten Präsidenten scheint alles möglich und Recht wird gebogen. Nur ist Snowden ’nur‘ ein Verräter, nicht Terrorist… Und einen Verrat hat er ja begangen, wenn auch aus den richtigen Gründen.
Wir alle ahnen, in vielen Kreisen in Amiland ist das alles eines und sein Leben mag real bedroht sein.
Ob aber ein deutscher Kanzler, zu dieser unseren Zeit der Krisen, als Vertreter einer der größten Waffenproduzenten und -exporteure, aus diesem politischen Lager diesen Schritt machen würde, bezweifel ich. Wir alle mögen das Gefühl haben, wohl auch zurecht, dass Snowden aus den richtigen Gründen gehandelt hat – was uns gern als unpolitisch bezeichnete Deutsche dann vielleicht auch auszeichnet – und dass er hier Schutz und Heimat finden sollte, so wird eine deutsche Politik – egal, welcher Coleur – diesen Schritt nicht gehen, trotz aller allgemeiner Aufgeregtheit. Machen wir uns nichts vor: auch unsere Geheimdienste werden in der Vergangenheit von den amerikanischen Fertigkeiten profitiert haben. Nun haben sie halt auch auf den Partner im gleichen Bett gepupst, na und?
Auch Wikileaks hat für eine gewisse Zeit für Aufregung gesorgt, auch da wurde klar, welcher Denkrichtung die politische Elite in Amerika nachgeht. Und es ist klar: es ging noch nie um Freundschaft oder Zuneigung, es geht um wirtschaftliche Interessen. Wie auch bei den nachgewiesenen Schnüffeleien der Chinesen, die mal für eine Zeit den weltweiten Internetverkehr über ihre Server geschleust haben. Selbst danach haben deutsche Politiker weiter chinesisch gekuschelt.
Mögen wir aus reiner Menschlichkeit, im Bewußtsein unserer Vergangenheit, als Eltern oder einfach normaler Weltbürger diese Tat von Edward Snowden gut finden – und sie wird etwas bewirken! – so wird sie auf dieser anderen Ebene schnell aus dem normalen politischen Geschäft verdrängt, denn sie bringt nichts. Es ist nämlich eine bekannte Tatsache: es gibt auf dieser Ebene keine Freunde und alle belauschen und beschnüffeln sich mißtrauisch, im Kleinen wie im Großen. Und das ist der eigentliche Skandal.
Wäre ja schon mal was, wenn Martin Schulz Kanzlerkandidat wäre. Wäre.